Sprechen
Anbahnung
Die 25 jährige M.F. wohnt in einer Institution im Kanton Thurgau. Aufgrund einer ausgeprägten Cerebralparese ist sie motorisch sehr stark beeinträchtigt. Verbal kann sie sich nicht mitteilen, die Kommunikation läuft über Mimik und Körpersignale. Die Familie sowie die professionellen Helfer sind unsicher, was M.F. alles versteht. Viele Reaktionen sprechen aber für ein gewisses Situationsverständnis.
Leider zeigt sich in der Vorabklärung, dass M.F. kein komplexes System bedienen kann. Aufgrund einer starken Visuseinschränkung kommt keine Augenansteuerung in Betracht. Motorisch unmöglich ist es auch, eine Auslösung über die Finger zu machen. Versuche mit einer Scanning-Lösung scheitern ebenfalls an der fehlenden Willkürmotorik.
Um M.F. trotzdem ein kommunikatives Angebot machen zu können, entscheiden sich die Beteiligten für den Einsatz von zwei Step-by-Step. Diese können über zwei Taster, welche in kopfnähe positioniert wurden, ausgelöst werden. Die Step-by-Step werden von den Personen der Wohngruppe sowie von den Eltern besprochen.
Innerhalb kurzer Zeit war es M.F. möglich gezielt Personen zu begrüssen. Ausserdem berichtet sie situationsgerecht von Erlebnissen.
Situativ
M.H. ist ein 55 jähriger Mann mit einer kognitiven Beeinträchtigung. Er wohnt in einer Institution in der Zentralschweiz. M.H. ist gern mit Menschen zusammen und „pläuderlet“ angeregt mit ihnen. Seine verbalen Möglichkeiten begrenzen sich allerdings auf floskelhafte Aussagen. Er kann Fragen mit Ja und Nein beantworten, allerdings ist nicht klar, ob er immer den Inhalt sowie die Konsequenz versteht.
Wunsch der Betreuungspersonen ist, dass M.H. mehr aus seinem Leben berichten kann. Innerhalb einer Situation kann er sich zwar einigermassen ausdrücken, wenn die Bezugsperson jedoch den Kontext nicht weiss, ist es sehr schwierig herauszufinden wovon M.H. gerade spricht.
M.H. kann selber Fotos machen und zeigt diese dann seinen Gesprächspartnern.
Wir setzten bei ihm die App GoTalkNow ein. Hier können Fotos und auch Videos von Alltagssituationen aber auch speziellen Erlebnissen eingefügt werden. Dies bietet M.H. Kommunikationsanlässe und er zeigt voller Stolz, was er für Aufnahmen gemacht hat. Gleichzeitig erhält der Gesprächspartner über die Sprachausgabe die benötigten Informationen.
Um M.H. insgesamt in der Kommunikation weiterzubringen, ist die Vokabularstrategie Flip eingerichtet worden. Im Video sehen sie diesen pragmatisch organisierten Wortschatz.
Symbolisch
J.D.R. ist aufgrund ihres Geburtsleidens (Angelman-Syndrom) nicht in der Lage sich verbal auszudrücken. Sie ist kognitiv stark beeinträchtigt und hyperaktiv. Sie hat trotz der sehr limitierten Ausgangslage eine bemerkenswerte Entwicklung durchlaufen. Neben nichtelektronischen Hilfen (Bildkarteneinsatz mit ca. 3 Jahren) begann sie vor einigen Jahren mit einem ProxTalker. Dieser musste vor dem Bundesgericht erkämpft werden.
J.D.R. erlernt innerhalb der nächsten 3 Jahre das Hilfsmittel bei Auswahlsituationen einzusetzen.
Irgendwann war klar, dass der an PECS-erinnernde Aufbau nicht mehr zu händeln war. Die Familie organisierte sich auf eigene Kosten ein iPad mit der App GoTalkNow. Der Aufbau war individuell an J.D.R. angepasst und eher bildorientiert.
Der nächste grosse Schritt war, von der Anwendung von Bildern auf den Einsatz von Symbolen umzusteigen um so die nächste Abstraktionsstufe zu erreichen.
Es erfolgte ein Wechsel auf die pragmatisch orientierte Vokabularstrategie FLIP.
Nach einiger Zeit der Anwendung zeigte uns J.D.R., dass es wieder Zeit wurde für den nächsten Schritt. Das weiterwachsende Vokabular brachte FLIP an die Grenzen.
Seit Beginn diesen Jahres verwendet J.D.R. die App MetaTalk im Raster 6×11.
Alle Beteiligten konnten kaum fassen, wie schnell J.D.R. sich in dieser neuen Strategie zurechtfinden konnte.
Schriftbasiert
Der 30jährige B.P. ist aufgrund einer ausgeprägten Tetraspastik motorisch stark eingeschränkt. Er hat in der Schulzeit lesen und schreiben gelernt. Die Kommunikation erfolgt über Laute und Zeichen. Diese sind aber für fremde Personen schwer zu deuten.
B.P. benötigt eine Lösung, um sich sehr individuell und differenziert ausdrücken zu können. Dies muss in unterschiedlichen Lebenssituationen (unterwegs, auf der Wohngruppe usw.) möglich sein.
Zusätzlich soll das System auch für die erweiterte Kommunikation via Email und Chat genutzt werden.
Als Lösung wurde bei B.P. ein Tobii Dynavox I110 eingesetzt. Der Klient kann über den Kopftaster ein sogenanntes Scanning auslösen. Als Kommunikationssoftware wurde der Communicator 5 gewählt. Zugang zur Windows-Oberfläche ist via Koordinaten-Scanning möglich. Zusätzlich wurde die Umfeldkontrolle als auch WhatsApp als Windows-Anwendung gekoppelt. So ist es möglich alle Systeme mit einem Taster zu bedienen.
Zusätzlich soll das System auch für die erweiterte Kommunikation via Email und Chat genutzt werden.
Leben
Einfache Umfeldkontrolle
Jan ist Schüler in einer heilpädagogischen Schule im Kanton Zürich. Er besucht dort die Mittelstufe.
Aufgrund einer Viruserkrankung ist er motorisch eingeschränkt. Zusätzlich hat er visuelle Einschränkungen. Es gibt unterschiedliche Therapieschwerpunkte. So soll einerseits die Gelenkbeweglichkeit erhalten werden und er soll lernen, Dinge zu ergreifen, zu halten sowie zu manipulieren.
Jan soll erfahren, dass er in der Lage ist, mit gezielten Bewegungen einen bestimmten Effekt auszulösen. Aus diesem Grund wird ihm im Schulalltag, in der Therapie aber auch zu Hause ein PowerLink zur Verfügung gestellt.
Über einen Taster kann Jan zum Beispiel ein Küchengerät anschalten und erlebt, dass er in der Lage ist, etwas zu bewirken. Schöne Nebeneffekte sind die Übernahme von Aufgaben und eine klare Partizipation in Alltagshandlungen.
Und vor allem: er hat einen Riesenspass dabei.
komplexe Umfeldkontrolle
L.B., Mitte 30, wohnt in einer spezialisierten Institution im Kanton Zürich. Aufgrund einer Muskeldysthrophie (Duchenne) ist er motorisch sehr stark eingeschränkt. Das selbständige umplatzieren seiner Hände ist nicht möglich. Er ist im Elektro-Rollstuhl mobil welchen er mittels eines Joysticks steuert. Die Infrastruktur der Institution bietet bereits Tür-, Licht und Liftautomation.
Der Wunsch von L.B. war, neben der Bedienung von Lift und Türen auch sein Smartphone nutzen zu können. Es ist im wichtig, nicht nur zu telefonieren, sondern auch im Internet surfen sowie Social Media Kanäle bedienen zu können. Und alles idealerweise über den Joystick des Elektro-Rollstuhles.
Als Lösung wurde ein sogenanntes Housemate mit direkter Anbindung an den Joystick installiert. Via Kopftaster kann er zwischen Fahr-, Sitzverstell- und Smartphone-Modus selbständig wechseln. Im Smartphone-Modus lässt sich die Maus mit dem Rollstuhljoystick an die gewünschte Position bringen. Der Klick erfolgt dann ebenfalls durch den Kopftaster.
Auf dem Smartphone wurde die App Click2phone eingerichtet. Diese ist mit einer besonderen Hardware verbunden. Wenn L.B. eine Taste auf dem Smartphone anwählt sendet die gekoppelte Hardware ein entsprechendes Signal an die vorbereiteten Elemente z.B. ein Lichtschalter mit Infrarotfunktion.
Das ganze System ist inklusive Stromzufuhr im Rollstuhl integriert, kann aber auch am Bett genutzt werden.
Hausautomation
K.H. eine Klientin kurz vor dem Pensionsalter, mit einer ausgeprägten Tetraspastik aufgrund eines MS (Multiple Sklerosis), wohnt in ihrer eigenen Wohnung. Sie ist im Handrollstuhl mobil, kann jedoch weder Türen öffnen noch die Bedienelemente im Lift auslösen. Sie möchte nicht immer und überall erreichbar sein und verzichtet deshalb auf ein Smartphone. Ihr Vermieter hat die Türen bereits automatisieren lassen.
K.H. wünscht sich eine einfache aber robuste Lösung für die Bedienung verschiedener Elemente (3 Türen, Lichtschalter, Lift).
Als Lösung haben wir ein Gewa Control 18 Handsender eingesetzt. Dieser kann mit einem Bändel um den Hals gehängt werden. Das Fingerführraster erlaubt Frau H., dass System direkt mit der Hand zu bedienen.
Lernen
M. besucht die Basisstufe einer heilpädagogischen Schule im Kanton Bern. Aufgrund einer Cerebralparese ist er motorisch stark eingeschränkt. Seine Lautsprache ist unverständlich und M. hat Probleme beim Leseverständnis.
Zielsetzung der Hilfsmittelversorgung war, M. die grösstmögliche Selbständigkeit zu geben. Dies ist M. ein wichtiges Anliegen. Er möchte seine Aufgaben lösen können und möchte Programme, welche ihm beim Lesen und Schreiben unterstützen.
Folgende Anpassungen wurden durchgeführt:
Das Schulpult wurde ergonomisch angepasst. M. hat eine Arbeitplatte mit Ausschnitt. Auf der rechten Seite wurde als Mausersatz ein Joystick fixiert. Mittels T-Griff kann M. den Mauspfeil bewegen. Zusätzlich kommt eine Kleintastatur mit Fingerführraster und ein externer Zahlenblock zum Einsatz.
Innerhalb von Windows 10 wurden die Bedienhilfen so angepasst, dass Max fehlerfrei schreiben kann. EIN Programm wurde so konfiguriert, dass M. sich Text vorlesen lassen kann bzw. ihm der selbstgeschriebene Text verbal wiedergegeben wird.
Lese-Rechtschreib-Störung
M.B. besucht eine Regelschule im Kanton Bern. Er ist ein aufgeweckter Schüler, der vielseitig interessiert ist und bei vielen Themen mitreden kann. Leider gelingt es ihm bedingt durch eine Lese- und Rechtschreibstörung (abgekürzt LRS) in vielen Fächer nicht, seinen Wissenstand in Prüfungen entsprechen zu verschriftlichen.
In Lernstandskontrollen liest er Informationen falsch oder übersieht Teile einer Aufgabe. Das Lesen und Erfassen von Texten erfordert viel Zeit und Konzentration. Von ihm verfasste Texte sind voller Fehler, welche er nicht selbständig erkennen und korrigieren kann.
M.B. würde gerne selbst mal als Lehrer an einer Schule unterrichten. Er sorgt sich, ob er mit seinem Handicap LRS das Ziel einer pädagogischen Ausbildung erreichen kann.
Durch die Hilfsmittelversorgung soll sich M.B. Text vom Bildschirm aber auch von Papier vorlesen lassen können. Spezielle Programme sollen ihm helfen, Text möglichst fehlerfrei und in adäquater Zeit zu erstellen.
Wir installierten auf einem Computer die Spracherkennungssoftware Dragon Naturally Speaking. Hiermit kann M.B. Text eindiktieren und kompensiert mit seinen sprachlichen Fähigkeiten die Probleme bei der Schriftsprache. Da die Software nicht in allen Situationen zum Einsatz kommen kann (z.B. stört das Diktat im Klassenverband) wurde zusätzlich ein Grammatik- und Rechtschreibprüfprogramm konfiguriert.
Durch die im Programm enthaltene Sprachausgabe kann sich M.B. Text vorlesen lassen und hört so seine eigenen Schreibfehler.
Mit einem Lesestift kann M.B. Text von Papier einscannen und in die entsprechenden Programme übertragen lassen.
Die Hilfsmittel können sowohl die deutsche Sprache als auch Englisch und Französisch.
Arbeiten
G.F. arbeitet als Programmierer in einem Software-Unternehmen. Durch seine Erkrankung (Multiple Sklerose) verliert er zunehmend feinmotorische Fähigkeiten in den oberen Extremitäten. Bei seiner täglichen Arbeit muss G.F. häufig Textstellen markieren bzw. den Cursor positionieren.
Immer häufiger kam es zu Fehlauslösungen der Maustasten und daraus resultierend Fehlern in den Programmcodes. Das Arbeitstempo reduzierte sich. Auch beim Schreiben drückte G.F. oftmals die benachbarte Taste oder es kam zu Wiederholungen von getippten Zeichen weil G.F. zu lange auf der Taste blieb.
G.F. benötigte Anpassungen, welche ihm fehlerfreies Tippen und gleichzeitig die Mausbedienung ermöglichten.
G.F. erhielt von uns eine angepasste kleine Tastaur mit Fingerführraster. Um Mehrfachauslösungen zu verhindern, wurden die Eingabeparameter von Windows entsprechend angepasst.
Um die Schreibgeschwindigkeit zu erhöhen, wurden Textbausteine bzw. Textblöcke erstellt. Diese lassen sich über Tastenkürzel abrufen.
Die Maustasten wurden deaktiviert. Den linken Mausklick löst G.F. neu mit dem Bein aus. Über einen am Tischbein montierten Taster und ein USB-Interface als Bindeglied zum Computer wird der entsprechende Mausklick gemacht.
Es wurde keine zusätzliche Software installiert, dies ist besonders bei Unternehmungen mit hohen Sicherheitsanforderungen wichtig.